Hendrik Thoma probiert den 2009er Le Reysse
Château Le Reysse – ein Traum im Medoc wird wahr!
In Bégadan, im nördlichen Medoc, sind die Weingüter La Tour de By und Rollan de By (Haut-Condissas) die Platzhirsche. In direkter Nachbarschaft liegt das Weingut Le Reysse, welches nun von einem Deutschen aus dem Dornröschenschlaf geweckt wird.
Es liest sich fast wie einer dieser Geschichten aus dem Märchen….
Patrick Chaumont führte in zweiter Generation das Château Le Reysse in Begadan. Nachdem sein Sohn durch Heirat auf das Weingut seiner Frau ins südlichere Pauillac zog, war er schließlich aus Altersgründen gezwungen, für sein Weingut einen Käufer zu finden.
Stefan Paeffgen hatte als studierter Agrarwissenschaftler bereits seit vielen Jahren den Traum Winzer zu werden. Seine Eltern kultivieren seit Generationen im Rheinland Weizen und Zuckerrüben. Insofern war es für Ihn ein Traum und Herausforderung zugleich, mit der Landwirtschaft, eine der anspruchsvollsten Kulturen zu betreiben. Während ein sehr entfernter Zweig der Familie in Köln seit Ende des 19. Jahrhunderts eine kleine aber sehr feine Hausbrauerei betreibt, zog es Stefan Paeffgen in Richtung Weinbau.
Momentan ist alles im Umbruch, Stefan Paeffgen hat erst im November 2010 den Notarvertrag unterschrieben und ist kurzerhand – zunächst ohne seine Familie – nach Bégadan umgesiedelt. Vom alten Chateau stehen fast nur noch die Außenmauern und momentan läuft die Sanierung auf Hochtouren, damit im Juli die ganze Familie aus Belgien übersiedeln kann. Bei unserem Besuch im April konnten wir eine faszinierende Baustelle besichtigen.
Zu Château Le Reysse gehören zur Zeit 4,5ha Weinberge, die direkt an Rollan de By, La Tour de By und teilweise direkt an die Gironde angrenzen. Das durchschnittliche Alter der Reben beträgt 46 Jahre und die Weinberge sind zu 55% mit Cabernet Sauvignon und zu 45% mit Merlot bestockt. Die älteren Rebstöcke sind 60 Jahre alt und geben nur einen Miniertrag von 20-25hl pro Hektar. Eine Parzelle ist gar mit 97 Jahre alten Cabernets bestockt!
Das Terroir ist einzigartig und beeindruckend. In einem Enclos geschützt liegen die Weinberge umgeben von Waldflächen mit großem alten Eichenbestand, die ebenfalls zum Chateau gehören. Direkt hinter dem alten Chais tut sich ein Biotop auf. Eine ausgedehnte Wiese mit einem kleinen Kanälen durchzogen ist das Zuhause einiger Frösche und Schildkröten. Nicht weniger als acht (!) verschiedene Orchideenarten sind auf Château Le Reysse heimisch, teilweise wachsen sie zwischen den Rebstöcken! Dank der tiefgründigen Kiesböden mit Kalk-Ton-Unterlagen müssen die Rebstöcke tief wurzeln, um an die wasserführenden Schichten zu kommen und sind somit auch gut gewappnet, größeren Hitzeperioden zu strotzen.
Der Ausbau der Weine erfolgt standesgemäß in neuen Barriques aus französischer Eiche und die Weine werden in die schwere Bordeauxflasche abgefüllt.
Anläßlich unseres Besuchs im April konnten wir den 2010er Jahrgang vom Faß und den frisch abgefüllten 2009er Jahrgang probieren. Wir waren von der Qualität von diesem uns unbekannten Château total überrascht!
Stefan Paeffgen vergärt die Weine zunächst im Gärbottich aus Beton und baut sie dann standesgemäß in neuen Barriques aus französischer Eiche von verschiedenen Herstellern aus.
Wie schon der 2010er Jahrgang hat der 2009er Le Reysse alles was man sich von einem Medoc dieser Herkunft wünschen und erwarten darf. Im Glas satt, funkelnd, mit Tönen der Schwarzkirsche/Brombeere und einer feinen mineralischen Note. Der Wein hat den Ausbau im Holz gut absorbiert und hat in der Nase eine gewisse Noblesse.
Am Gaumen ein zupackender, fleischiger Bursche, der momentan noch im festen Griff der Tannine steckt. Aber schon jetzt zeigt sich eine intensive, lang anhaltende, verwobene Frucht, die auf Ihre Art „relativ“ im Einklang zu den Gerbstoffen steht. Damit meinen wir, dass wenn der Wein die Tannine abgebaut hat auch noch eine natürliche Fruchtunterlage da sein wird.
Mit einigen Stunden in der Karaffe ist der Wein aber schon jetzt ein echter Hochgenuss für die Freunde solcher Charakterweine aus dem Medoc. Momentan überzeugt der Wein mit Schmelz und einer überbordenden Frucht, die der Jugendlichkeit geschuldet ist. Die 14% Alkohol sind relativ gut eingebunden und der Wein lässt keine Wünsche offen!
Rene Gabriel trifft es auf den Punkt: „…Etwas dunkelröstig aber dafür halt sexy…“ Sein Vergleich mit dem Pagodes de Cos ist ein echtes Kompliment aber auch etwas geschmeichelt.
Unser Fazit: Château Le Reysse ist für uns nach wie vor das gewagteste, emotionalste und grösste privat finanzierten Projekt in Bordeaux, welches wir zurzeit kennen. Paeffgen setzt alles auf eine Karte und bei dieser Qualität im Glas wird sich auch bald der Erfolg einstellen.
Hendrik Thoma probiert in seinem Videoweinblog Wein am Limit den 2009er Chateau Le Reysse.
--> Hier gehts zum 2009er Le Reysse